Nachhaltige Strategien in der humanitären Hilfe

Sustainable strategies development

Dez.

08

2015

Nachhaltige Strategien in der humanitären Hilfe

Gastbeitrag von Medair

 

Täglich werden wir durch die hiesigen Medien mit Bildern aus der Krise im Mittleren Osten konfrontiert. Es können weder positive Veränderungen in der Dynamik des Konfliktes noch eine Verbesserung der humanitären Situation vor Ort festgestellt werden. Dies ist nur ein Beispiel für eine Reihe chronischer Konflikte, mit welchen sich die internationale Gemeinschaft zurzeit konfrontiert sieht. Als Organisation, die sich der humanitären Hilfe verschrieben hat, arbeitet Medair in verschiedenen dieser Krisengebiete. Eine der Fragen, welche sich in langanhaltenden humanitären Notsituationen stellt, ist, wie die betroffene Bevölkerung nachhaltig unterstützt, gefördert und gestärkt werden kann.

 

Die Verletzlichsten sind besonders betroffen

Jene Menschen, die in einer Gesellschaft wirtschaftlich benachteiligt sind, sind in der Regel am schlechtesten auf Katastrophen und den Umgang mit ebendiesen vorbereitet. Die Existenzgrundlage ist durch Unvorhergesehenes rasch gefährdet oder wird ganz zerstört. Eine Rehabilitation aus eigener Kraft ist meistens nur schwer möglich. In anhaltenden Konflikten verstärkt – neben chronischer Armut – oft auch eine schlechte Regierungsführung die Vulnerabilität bestimmter Bevölkerungsgruppen. Das heisst die Schwächsten sind in solchen Fällen im Besonderen betroffen.

 

Der Disaster Risk Management-Ansatz

Neben der Nothilfe wird durch entsprechende Programme die Widerstandsfähigkeit der einzelnen Gesellschaftsgruppen gestärkt. Dazu wendet Medair den Ansatz des Disaster Risk Management (DRM; Katastrophenvorsorge) an. Dieses Konzept und seine Methoden werden als Teil der humanitären Nothilfe in einer Katastrophe verstanden. Ziel ist es, dass Gemeinschaften nicht nur ihre Lebensgrundlagen wieder herstellen, sondern gleichzeitig widerstandfähiger werden und besser mit einer allfälligen nächsten Krise sowie deren Auswirkungen umgehen können. Dadurch wird der Kreislauf der Abhängigkeit durchbrochen, weil in einer Folgekatastrophe die humanitäre Hilfe kleiner ausfallen wird (Prinzip „build back better“).

 

Fallbeispiel eines Projektes im zentralen Hochland Afghanistans

Medair arbeitet im zentralen Hochland Afghanistans. Die Gemeinschaften in diesen Berggebieten sind extrem anfällig für Naturgefahren wie Sturzfluten (plötzliche Überschwemmungen) und Trockenperioden. Da das wichtigste Anbauprodukt in dieser Gegend bewässerter und von Regenwasser abhängiger Weizen ist, haben Dürren schlimme Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion. Die Möglichkeit dieser Dorfgemeinschaften den Naturkatastrophen vorzubeugen, ist aufgrund von Armut, Mangel an Bildung und Schulungen über Methoden zur Risikominderung sehr beschränkt.

 

Nachhaltigkeit ist in der Programm-Struktur angelegt

Kernauftrag von Medair ist es, Leben zu retten, Leid zu lindern und von der Krise Betroffene beim Wiederaufbau und der Rehabilitierung ihrer Lebensgrundlagen zu unterstützen. Dafür implementiert die Organisation multisektorale, bedürfnisorientierte Programme in Koordination mit anderen Akteuren. Zentral dabei ist die Vermittlung von Wissen, welches Medair-Expertinnen und -Experten mit Lokalen teilen. Ausserdem spielen Partizipation und Ownership der Betroffenen als Eckpfeiler der Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle.

Im oben genannten Projekt in Afghanistan wurden die Dorfgemeinschaften während der ersten Bedarfsanalyse-Phase und regelmässig während des gesamten Projekts beteiligt und in den Entscheidungsprozess miteingeschlossen. Ziel ist es, die langfristige Ernährungslage der Betroffenen und die Nahrungsmittelsicherheit zu verbessern. Schulungen über entsprechende Anbaupraktiken, Wasser- und Bodenbewirtschaftung sowie die Möglichkeiten zur Eindämmung der existenzbedrohenden Umweltrisiken werden die Gemeinschaften in die Lage versetzen, ihre Erträge aus Ackerbau und Viehzucht zu erhöhen.

Ebenso wurde die lokale Bevölkerung in die praktische Arbeit involviert. Dadurch eignete sie sich neue Kenntnisse sowie Fertigkeiten an und steuerte lokal verfügbares Material bei. Durch Geld-für-Arbeit-Aktivitäten konnten die bedürftigsten Haushalte einerseits ihre Lebensmittelengpässe überbrücken, andererseits wurden so Wasser-Rückhaltedämme und Terassen errichtet. Diese dienen der Verbesserung der Wasserinfiltration, der Gewährleistung der Bewässerung der Ackerflächen und der Reduktion der Bodenerosion.

Das Projekt wird in erster Linie von der Canadian Food Grain Bank (CFGB) in Partnerschaft mit dem Mennonite Central Committee (MCC) finanziert. Das Projekt wurde in enger Zusammenarbeit mit den örtlichen, provinziellen und staatlichen Behörden sowie mit anderen humanitären und Entwicklungs-Akteuren, die in denselben Projektgebieten aktiv sind, durchgeführt.

 

Suche nach dem effektivsten Weg

Die Entscheidung, wie Medair auf eine Notsituation reagiert, basiert jeweils auf einer Bedürfnis-, Verletzlichkeits- und Kapazitätsanalyse. Zusätzlich wird eruiert, welches der effektivste Weg ist, um in der jeweiligen humanitären Katastrophe Linderung zu bieten. Wo Medair bereits ein Länderprogramm führt, engagiert sich die Organisation vor, während und nach der Krise. Damit werden die Risiken für verletzliche Individuen sowie Gesellschaftsgruppen reduziert. Medair arbeitet Hand in Hand mit der lokalen Bevölkerung und den Behörden, um den Menschen in einem chronischen Konflikt oder bei einer Naturkatastrophe kurz- wie langfristig angelegte Unterstützung zu bieten.

 

Keine Frage, eine nachhaltige Programmplanung ist in der humanitären Arbeit, besonders in chronischen Krisensituationen, wichtig. Jedoch ist jede Notsituation und jeder Kontext wieder anders und birgt neue Herausforderungen für eine humanitäre Organisation. In manchen Umständen ist es einfacher, nachhaltige Interventionen zu planen, in anderen u.U. schwierig. Darum gilt es, diesen Aufgaben mit Weitblick, Kreativität und gemeinsam mit starken Partnern zu begegnen.

 

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